Wer heute in Deutschland 28 Jahre alt oder jünger ist, hat in seinem Leben bislang niemals höhere Inflationsraten als 2,6 Prozent erlebt, und in den meisten Jahren lagen sie sogar deutlich darunter. Bewusste Erinnerungen an Inflationsraten von vier, fünf, sechs oder gar sieben Prozent dürften hierzulande wohl nur noch die etwa 50-jährigen oder Ältere haben. Vor diesem Hintergrund ist auch der schützende Effekt von Sachwertanlagen gegen inflationsbedingte Vermögensverluste in den vergangenen Jahren immer mehr aus dem Blick geraten, denn dieses Risiko schien praktisch keine Rolle mehr zu spielen. Dies könnte sich allerdings in absehbarer Zukunft ändern. Denn aktuell werden in Deutschland so starke Preissteigerungen registriert wie schon lange nicht mehr.
So lagen beispielsweise die Großhandelspreise für Mineralölprodukte, Holz und Getreide im Mai 2021 durchschnittlich um fast zehn Prozent höher als ein Jahr zuvor. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis diese Preissteigerungen sich auch bei den Endverbrauchern bemerkbar machen, die im ersten Halbjahr 2021 schon spürbar mehr für Kraftstoff, Gemüse und einige andere Produkte zahlen mussten. Ein Teil dieser hohen Preisanstiege ist zwar mit Aufholeffekten nach starken Preisrückgängen während der Corona-Pandemie zu erklären, doch teilweise sind sie auch deutlich höheren Import- und Erzeugerpreisen geschuldet, bei denen nicht mit baldigen Rückgängen zu rechnen ist.
Bei ihrer jüngsten Sitzung hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen zwar noch einmal unverändert gelassen, doch es liegt auf der Hand, dass anhaltend höhere Inflationsraten den Druck auf die EZB erhöhen würden, die lange Phase der Nullzinspolitik zu beenden. Spätestens dann wäre auch mit einem signifikanten Anstieg der Hypothekenzinsen zu rechnen. Auch hier kennen Jüngere nur niedrige einstellige Werte, doch bis Ende der 1990er-Jahre lagen die Hypothekenzinsen in Deutschland praktisch nie unter sechs Prozent, und in den 1970er- und 1980er-Jahren waren jährliche Effektivzinsen im niedrigen zweistelligen Prozent-Bereich bei Hypotheken keineswegs selten. Auch wenn die Zukunft offen ist: Inflation und mögliche Zinssteigerungen dürften potenzielle Immobilienkäufer schon lange nicht mehr so stark beschäftigt haben wie gegenwärtig. Und selbst wenn die EZB zur Bewältigung der wirtschaftlichen Corona-Folgen das Zinsniveau noch eine Weile niedrig halten sollte, kann die Finanzierung eines Immobilienkaufs in zwei oder drei Jahren bereits deutlich mehr kosten als heute.