Immobiliennews

Realitätsfremde Wohnungsmarktpolitik: Berliner Senat beschließt Teilungsverbot

Der gestrige Beschluss des Berliner Senats, das gesamte Stadtgebiet Berlins als angespannten Wohnungsmarkt nach dem Baulandmobilisierungsgesetz auszuweisen, macht die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen faktisch unmöglich. Die zunächst bis zum Jahresende 2025 geltende Regelung sieht vor, dass eine solche Umwandlung in bestehenden Wohngebäuden grundsätzlich nur noch mit Zustimmung des zuständigen Bezirksamtes erfolgen darf.

„Die neue Regelung bringt niemandem irgendeinen Vorteil, führt aber zu erheblichen Nachteilen. Da die mehrheitlich privaten Hausbesitzer ihre Häuser nur noch ganz oder gar nicht verkaufen können, wird der Berliner Wohnungsmarkt noch unflexibler und die Bereitschaft, hier in Wohnungen zu investieren, wird noch weiter zurückgehen“, kommentiert Jacopo Mingazzini, Vorstand von The Grounds den Senatsbeschluss. „Mieter mit Wunsch nach Eigentumsbildung können ihren Wunsch künftig nicht mehr in der von ihnen bereits bewohnten Wohnung realisieren, sondern müssen auf teurere Neubauten ausweichen, die zudem kaum in den schon weitgehend bebauten Innenstadtbezirken entstehen. Darüber hinaus wird der bereits vorhandene Bestand an Eigentumswohnungen wegen des künftig fast vollständig wegfallenden Angebotsnachschubs sich spürbar verteuern. Wer neu nach Berlin zieht und eine Eigentumswohnung sucht, steht vor demselben Problem. Und das Argument des Mieterschutzes ist hier nur vorgeschoben und greift nicht, weil es bisher schon umfangreiche Mieterschutzregelungen für den Fall von Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen gab und zudem die befürchtete Verdrängung wegen Eigenbedarfs der Käufer in der Praxis nachweislich so gut wie nie stattfindet.“

Bisher galt in Berlin bereits eine zehnjährige Kündigungssperrfrist nach Teilung und erstmaligem Verkauf von Mietwohnungen. Zudem haben die Mieter beim erstmaligen Verkauf ein Vorkaufsrecht. In der Praxis hat dies zur Folge, dass vermietete Eigentumswohnungen in aufgeteilten Bestandshäusern faktisch nur von zwei Zielgruppen erworben werden: von den bisherigen Mietern oder von Kapitalanlegern, die nicht selbst in die Wohnungen einziehen wollen. Dass am Wohnungsmarkt faktisch keine Verdrängung von Mietern durch Selbstnutzer, die ihrer Wohnungen kaufen stattfindet, bestätigt auch eine Analyse des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zum Thema „Umzugsmobilität und ihre Wirkung auf lokale Wohnungsmärkte“ (BBSR-Online-Publikation Nr. 11/2020). Am Beispiel von vier deutschen Großstädten wurde darin unter anderem untersucht, welche Motive Mieter zu einem Umzug veranlasst haben. Eine Kündigung durch den Vermieter wurde dabei lediglich von zwei Prozent der Befragten angegeben und gehörte damit zu den seltensten Gründen für einen Umzug überhaupt. Da dabei nicht zwischen Kündigungen wegen Eigenbedarfs und Kündigungen aus anderen Gründen unterschieden wurde, ist davon auszugehen, dass Kündigungen durch Selbstnutzer, die die Wohnung erworben haben, in der Praxis noch wesentlich seltener vorkommen.

„Die immer wieder behauptete Verdrängung von Mietern durch Selbstnutzer, die ihre Wohnungen kaufen, findet in der Praxis schlicht und einfach nicht statt, und angesichts des bereits bisher sehr umfassenden Mieterschutzes ist ein zusätzlicher Schutz nicht notwendig“, resümiert Mingazzini.“ „Die neue Regelung ist deshalb realitätsfremd und setzt einmal mehr auf Show-Effekte statt auf tatsächliche Problemlösungen. Insofern ist sie – leider – eine konsequente Fortsetzung der Wohnungsmarktpolitik von Rot-Rot-Grün aus den zurückliegenden Jahren, die dazu geführt hat, dass in Berlin ungeachtet des hohen Wohnraumbedarfs immer weniger neue Wohnungen genehmigt wurden und 2020 sogar die Zahl der Wohnungsfertigstellungen zurückging. Die Berliner Wohnungspolitik ignoriert einmal mehr die Tatsache, dass es für die angespannte Marktsituation völlig irrelevant ist, ob eine Wohnung im Grundbuch als Eigentumswohnung eingetragen oder Teil eines Mehrfamilien-Mietshauses ist. Entscheidend ist vielmehr, dass der hohen Nachfrage nach Wohnungen ein viel zu geringes Angebot gegenübersteht, was sich nur durch entsprechenden Neubau lösen lässt.“