Die ersten Wochen des neuen Jahres waren von einigen Nachrichten geprägt, die für die angespannten Wohnungsmärkte in Deutschlands Metropolen – und insbesondere für Berlin – wenig Gutes ahnen lassen. Eigentlich waren die Ziele für die Wohnungsbaupolitik in Deutschland nach den letzten Wahlen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene klar definiert, dürften aber kaum noch zu erreichen sein. Besonders drastisch verschärft sich die Lage aktuell in Berlin, wo nun auch noch der Bau von Tausenden Wohnungen wegzufallen droht.
Die Bundesregierung strebt deutschlandweit die Fertigstellung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr an, doch 2021 waren es gerade einmal rund 293.000, und das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hatte bereits im Sommer 2022 eine Schätzung veröffentlicht, die für 2022 und 2023 jeweils nur von rund 290.000 neuen Wohnungen ausgeht. Es bleibt abzuwarten, ob die erst im Frühjahr 2023 vorliegenden endgültigen Zahlen für 2022 diese Prognose bestätigen werden, doch ist zumindest nicht mit einem signifikanten Trendwechsel und schon gar nicht mit dem Erreichen des gesetzten Zieles zu rechnen. In Berlin hat sich der Senat laut Koalitionsvertrag vorgenommen, dass bis zum Jahr 2030 insgesamt 200.000 neue Wohnungen entstehen sollen. Das wären 20.000 neue Wohnungen pro Jahr, doch 2022 sind voraussichtlich nur rund 16.500 davon tatsächlich gebaut worden. Und nachdem unter der rot-rot-grünen Landesregierung schon die Zahl der Baugenehmigungen jedes Jahr zurückging, nimmt inzwischen auch die Zahl der jährlich fertiggestellten Wohnungen ab.
Vor diesem Hintergrund forderte am 12. Januar 2023 das aus Mieterbund, Baugewerkschaft und Sozial- und Branchen-Verbänden der Bauwirtschaft bestehende „Bündnis Soziales Wohnen“ eine „Sozialwohnungsbau-Offensive“ zur Abwendung des befürchteten Kollapses am Wohnungsmarkt, zu deren Finanzierung der Bund ein Sondervermögen von anfänglich mindestens 50 Milliarden Euro auflegen solle. Gleichzeitig berichtete an selben Tag „Tagesspiegel“, dass Linke und Grüne in Berlin den Bau von bis zu 8.000 neuen Wohnungen in Berlin verhindern wollen. Ihr Bestreben sei es, zwei zentrale Wohnungsbauvorhaben des Landes durch eine Änderung des Flächennutzungsplanes zu stoppen. Betroffen sei neben der Elisabeth-Aue im Norden der Stadt auch das Projekt Späthsfelde in Treptow-Köpenick.
„Das zeitliche Zusammentreffen dieser Nachrichten illustriert die kaum noch zu überbietende Absurdität der Berliner Bau- und Wohnungspolitik. Das Spektrum der Aktivitäten reicht von reglementierenden Eingriffen in den Markt bis zur offenen Blockade von großen und dringend benötigten Neubauprojekten. Man würde sich nur halb so viel Fantasie und Kreativität wünschen, wenn es um die Genehmigung und tatsächliche Umsetzung von Bauvorhaben geht“, sagt Jacopo Mingazzini, Vorstand von The Grounds. „Besonders befremdlich ist, dass nun sogar der Klimaschutz als Argument gegen Neubauprojekte ins Feld geführt wird. Angesichts der geltenden Anforderungen würden die neuen Gebäude nach hohen Standards in Bezug auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz errichtet werden und einigen Tausend Menschen Wohnraum auf einer vergleichsweise überschaubaren Fläche bieten. Wenn der Senat stattdessen auf Nachverdichtung im Bestand hofft, wird auf diese Weise die gleiche Zahl von Wohnungen nicht annähernd in derselben Zeit geschaffen werden können. Stattdessen verschärft sich der Druck zur Abwanderung und zum Bau zahlreicher kleinteiliger Wohnhäuser an der Peripherie und im Umland.“