Mehrere Medien berichten in der 26. Kalenderwoche über den Abschlussbericht der Expertenkommission zum Thema Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen, der in Berlin vorgelegt und an den Senat übergeben wurde. Die Kommission war eingesetzt worden, um zu prüfen, ob das Anliegen des Berliner Volksentscheids vom September 2021 rechtlich umsetzbar sei oder nicht.
Im nun vorliegenden Abschlussbericht vertritt die Kommission die Auffassung, dass das Grundgesetz es dem Land Berlin grundsätzlich erlaube, ein entsprechendes Vergesellschaftungsgesetz zu beschließen. Eine Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen sei nach dem Gleichbehandlungsgebot zulässig, auch wenn dabei eine Mindestgröße zugrunde gelegt werde. In verschiedenen Punkten vertreten die Mitglieder der Kommission jedoch auch unterschiedliche Positionen. So ist zwar eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder der Auffassung, die im Falle einer Vergesellschaftung fällig werdende Entschädigung dürfe auch unterhalb des Verkehrswertes liegen, doch wurde in diesem Punkt keine Einstimmigkeit erzielt.
Der Berliner Senat hat bereits erklärt, zunächst ein Vergesellschaftungsrahmengesetz erarbeiten und dieses vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen, bevor es beschlossen und verkündet wird. Zudem solle das Gesetz erst zwei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft treten.
„Auch wenn eine Enteignung von Wohnungsunternehmen nun nicht unmittelbar bevorsteht, sendet der von der Kommission vorgelegte Bericht bereits heute ein fatales Signal und ist geeignet, Vertrauen in erheblichem Maße zu zerstören. Der Bericht enthält einen Frontalangriff auf die Eigentumsgarantie und auf die Wirtschaftsverfassung unseres Landes“, sagt Jacopo Mingazzini, Vorstand von The Grounds. „Einige Passagen lesen sich fast wie Floskeln aus einem Marxismus-Leninismus-Seminar, wenn beispielsweise eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder die Meinung vertritt, die Vergesellschaftung könne auf sämtliche Bestände sogenannter kapitalmarktorientierter Unternehmen ausgerichtet werden, und gleichzeitig erklärt, die damit verbundene Ungleichbehandlung lasse sich durch die besondere Form der Wertschöpfung durch solche Unternehmen rechtfertigen. Damit ist letztlich gemeint, dass beispielsweise börsennotierte Unternehmen oder solche, die zur Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit Anleihen ausgegeben haben, keine Gleichbehandlung verdienten. Im Prinzip heißt das aber nichts anderes, als Unternehmen bewusst wegen der Wahl ihrer Rechtsform und ihrer Finanzierungswege zu diskriminieren, die bewährt, völlig legal und aus gutem Grund auch von den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich vorgesehen sind.“
Mit Blick auf die weitere Entwicklung sagt Mingazzini: „Sollte sich die Berliner Landesregierung oder irgendeine andere Regierung in Deutschland diese Auffassung zu eigen machen, wäre dies ein fataler und durch nichts zu rechtfertigender Nackenschlag für große Teile der Wirtschaft unseres Landes. Schlimmer ließe sich die Bedeutung Deutschlands als Wirtschaftsstandort kaum unterhöhlen. Fast zeitgleich zur Veröffentlichung des Abschlussberichts der Kommission in Berlin hat das IW Köln auf Basis einer Studie berichtet, dass Unternehmen innerhalb eines Jahres noch nie so viel Geld aus Deutschland abgezogen haben wie 2022. Insgesamt flossen rund 132 Milliarden US-Dollar mehr an Direktinvestitionen ab, als im selben Jahr vom Ausland in Deutschland investiert wurden. Dies war zugleich auch der höchste 2022 verzeichnete Abfluss unter allen 46 Staaten, die das IW im Rahmen der Studie analysiert hat. Solche Warnsignale sollten wir dringend ernst nehmen und die Chancen dieses Landes nicht mutwillig und grob fahrlässig verspielen, indem grundlegendste Voraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft wie der Schutz des Eigentums infrage gestellt werden.“