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Floppt der digitale Bauantrag in Berlin? Aktueller Stand gibt Anlass zur Sorge

Floppt der digitale Bauantrag in Berlin? Aktueller Stand gibt Anlass zur Sorge

Bundesbauministerin Klara Geywitz hat Anfang Mai 2023 die Einführung des „digitalen Bauantrages“ für Ende 2023 angekündigt. Ob dies auch in Berlin zutreffen wird, erscheint angesichts des aktuellen Standes und der wenigen bis zum Jahresende verbleibenden Zeit jedoch immer fraglicher. Vielmehr scheint es bei zentralen Projekten im Rahmen der Digitalisierung der Berliner Verwaltung momentan eher rückwärts als vorwärts zu gehen: So berichtete der „Tagesspiegel“ am 19. Juli 2023 unter der Überschrift „Desaster bei Digitalisierung der Verwaltung“, den Beschäftigten des Bezirksamts Berlin-Mitte sei von ihrer Bezirksbürgermeisterin bis auf Weiteres verboten worden, die Software für die sogenannte E-Akte zu nutzen. Diese sei zu unausgereift, verursache großen Mehraufwand und die Schnittstellen zu anderen Behörden-Programmen funktionierten nicht. Bürgermeister anderer Bezirke seien bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus zu ähnlichen Einschätzungen gelangt. Geplant war eigentlich, mit der Einführung der E-Akte die Beschäftigten in den Jugend- und Sozialämtern deutlich zu entlasten.

Dass die Situation mit Blick auf die Einführung komplett digitaler Antrags- und Genehmigungsverfahren in der Berliner Bauverwaltung kaum besser zu sein scheint, zeigt die am 6. Juli 2023 vom Bezirksamt Berlin-Reinickendorf veröffentlichte Antwort auf eine Kleine Anfrage des Bezirksverordneten David Jahn (FDP). Dieser hatte sich nach den Ankündigungen der Bundesbauministerin von Anfang Mai, die in der Bau- und Immobilienwirtschaft, aber auch bei zahlreichen privaten Bauherren erhebliche Hoffnungen geweckt hatten, danach erkundigt, von welchem Zeitpunkt an es in Reinickendorf möglich sein werde, einen Bauantrag vollständig digital einzureichen und eine elektronische Bearbeitung durch alle involvierten Behörden bis zur digitalen Baugenehmigung mit elektronischem Siegel zu gewährleisten. Zudem fragte er nach, welche technischen, personellen oder sonstigen Voraussetzungen bis dahin noch erfüllt werden müssten.

In der Antwort der Reinickendorfer Bezirksbürgermeisterin und der für die Abteilung Stadtentwicklung zuständigen Bezirksstadträtin (Drucksache Nr. 1233/XXI-01), weckt der erste Satz zunächst sogar gewisse Hoffnungen, ein Berliner Bezirk liege im bundesweiten Vergleich womöglich besonders weit vorn. „Eine elektronische Antragstellung durch Bauwillige in der Bauaufsicht Reinickendorf ist zurzeit bereits möglich“, heißt es dort wörtlich. In die harte Berliner Realität werden die Leserinnen und Leser aber spätestens mit Satz zwei zurückgeholt, der klargestellt: „Die Beantragung in Papierform ist aber weiterhin parallel erforderlich, da bis dato die in Verantwortung stehende eBG*-Geschäftsstelle der Senatsverwaltung noch nicht sichergestellt hat, dass alle zu involvierenden Behörden integriert und befähigt wurden, um ihren notwendigen Beitrag zur Bearbeitung, z. B. Abgabe einer Stellungnahme, innerhalb des eBG‘s zu leisten.“ Des Weiteren sei eine wesentliche Voraussetzung für die elektronische Baugenehmigung die elektronische Signatur (‚elektronisches Siegel‘), die ebenfalls noch durch die eBG-Geschäftsstelle allen Bauaufsichtsbehörden in Berlin zur Verfügung gestellt werden müsse.

„Beide Themen, der vorläufige Stopp der E-Akte ebenso wie die Auskunft zum Stand beim digitalen Bauantrag in Berlin, betreffen zwar unterschiedliche Bereiche, zeigen aber dasselbe Problem: Die Berliner Verwaltung hat beim Thema Digitalisierung nach wie vor mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Es müssten schon fast ein Wunder geschehen, damit die Berliner Bauämter Ende 2023 zu denjenigen Bauverwaltungen in Deutschland gehören können, wo dann tatsächlich eine komplett digitale Bearbeitung von Bauanträgen bis zur finalen Genehmigung möglich sein soll“, sagt Jacopo Mingazzini, Vorstand von The Grounds. „Unverständlich ist dabei vor allem auch, warum Berlin nicht die von Mecklenburg-Vorpommern dafür erarbeitete Lösung übernimmt, die dort bereits den Praxistest bestanden hat und darüber hinaus von neun weiteren Bundesländern zum Einsatz kommen wird. Stattdessen beschreitet Berlin ohne erkennbare Notwendigkeit einen Sonderweg, der zudem voraussichtlich zu einer Verzögerung und nicht zur Beschleunigung der Einführung ,echter‘ digitaler Bauanträge in Berlin führen wird.“

* Elektronisches Bau- und Genehmigungsverfahren

https://www.berlin.de/ba-reinickendorf/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=11542